Foto: Benjamin Ealovega /Intermusica

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Das NDR-Orchster spielt wieder live!

Andalusischer Zauber, argentinischer Schwung und ein Spiritual

Wolfgang Pardey

Die Lockerungen der Corona-Regularien machten es möglich, dass das NDR Elbphilharmonie Orchester nach langer Pause wieder öffentlich auftreten konnte. In der ausgedünnt besetzten MuK spielte das Orchester unter Carlos Miguel Prieto ein spanisch-argentinisches Programm, das Bernd Alois Zimmermanns Trompetenkonzert rahmte. Der Dirigent, unter anderem „Music Director of Orchesta Sinfónica Nacional de México“ und „Music Director of the Orchestra of the Americas“, erwies sich als energischer Leiter, der das Orchester forderte. Zu Beginn spielte man Manuel de Fallas Suite „Der Liebeszauber“ (El amor brujo), ein von südlichem Zauber und Charme geprägtes Werk. Der in Cadiz geborene Komponist nimmt Elemente der Musik seiner Region Andalusien auf, vertraute Folklore wie Flamenco, Tänze, Rhythmen und die „Gitaneria“, das Milieu der „Zigeunerkultur“. Es geht im „Liebeszauber“ um Magie und Mystik. Die junge Cordelia wird vom eifersüchtigen Gespenst ihres toten Liebhabers verfolgt und kann sich erst durch Zauber befreien. Farbprächtig malte das Orchester nach den einleitenden Rufen von Trompete und Holzbläsern, Oboenmelismen, die  Stimmungen, die Arabesken und Beschwörungen, bis hin zum Feuertanz mit kraftvollen Orchestersteigerungen.

Bernd Alois Zimmermanns Trompetenkonzert „Nobody knows de trouble I see“ entstand unter dem Eindruck des Rassenwahns, die us-amerikanische Bürgerrechtsbewegung gegen Diskriminierung der Afroamerikaner stützend. 1955 wurde das Werk vom damaligen Sinfonieorchester des NWDR uraufgeführt. In der Jubiläumssaison zum 75-jährigen Bestehen erinnert das Orchester an die Weltpremiere des später erfolgreichen Konzerts. Nun spielte Håkan Hardenberger. Der schwedische Meistertrompeter durchmaß das schwierige, collagenartige Werk mit äußerst differenzierter Tongebung und dynamischem Feinsinn, breitete die spieltechnischen Tücken und Tricks überzeugend aus, gab den Kantilenen strahlende Kantabilität und brachte so die Ebenen der Musik, das Spiritual, die Jazzeinflüsse und die Zwölftonavantgarde mit dem Orchester überzeugend zusammen. Bis zum verlöschenden Schluss ein tiefgehender Eindruck.

Am Schluss standen Variaciones Concertantes“ von  Alberto Ginastera. Der argentinische Komponist entwickelt eine Art Führer durch das Orchesterinstrumentarium, keinen Tango, sondern, ausgehend von Harfe und Violoncello, eine Gauchomusik,die in einem Malambo gipfelt, nachdem auch Präkolumbianisches eingeflossen ist. Die Solisten des Orchesters hatten reiche Gelegenheit, ihr Können zu zeigen. Flöten, Klarinette, Viola, Oboe, Fagott, Blechbläser und Kontrabass und Streicher glänzten unter der Leitung des umsichtigen Dirigenten. Das schüttere Publikum spendete viel Beifall.

Foto: Benjamin Ealovega /Intermusica